Stadt und Land in Feld und Wald

Im Mai und Juni ist der Frühling auf der Höhe. Fast alle Pflanzen wachsen in dieser Zeit am stärksten. Das Wetter ist warm und nicht nur den Waidmann, auch Menschen aus den Städten zieht es in die Natur.
Leider ist bei manchen dieser Zeitgenossen der Naturgenuss von keinerlei Kenntnis über die Zusammenhänge in der Natur und die Belange von Förstern und Landwirten getrübt.
Die ebene Oberfläche und die feine Krume auf dem frisch bestellten Acker laden doch geradezu dazu ein, für Bello eine Fährte zu legen. Nach dieser Anstrengung darf der Vierbeiner sich dann im hohen Gras der nächsten Wiese lösen. Wen interessiert schon, dass dieses Gras wenige Tage später gemäht und zu Viehfutter wird?
Und der Wauwau hat doch so einen Spaß, durch das hohe Gras zu rennen. Dass in der Wiese junge Rehe und Hasen liegen, dass dort Vögel brüten, darüber hat man sich noch gar keine Gedanken gemacht; und über die Folgen für diese Jungtiere und Gelege schon überhaupt nicht.

Ich habe mal einen stolzen Schäferhundbesitzer angesprochen, dessen Hund gerade eine Hecke abgesucht und zwei Fasanenhennen von ihrem Gelege gescheucht hatte. Der meinte noch spöttisch, dass die Vögel doch Flügel hätten, um sich in Sicherheit zu bringen. Ich habe ihm dann erklärt, dass die Fasane sich dabei leider ihre Eier nicht unter den Arm klemmen könnten. Nach einem solchen Alarmstart bleibt das Gelege nämlich offen und ungetarnt zurück. Bald ist es ein im wahrsten Sinne des Wortes gefundenes Fressen für die allgegenwärtigen Krähen, die um diese Jahreszeit auch eine hungrige Brut zu versorgen haben.
Klappt die Zusammenarbeit zwischen Bauern und Jägern, gibt es zurzeit der ersten Mahd viel Arbeit für unsere Hunde. Rehkitze und Junghasen drücken sich nämlich um diese Zeit. Sie bleiben bei nahender Gefahr still liegen und werden unweigerlich vom Mähwerk erfasst. Sagt der Landwirt rechtzeitig Bescheid, wann er mähen will, suchen die Jäger mit ihren Hunden idealerweise am Abend vor dem Mähtermin die Wiesen ab. Gefundene Nester werden gekennzeichnet, damit um sie herum gemäht werden kann. Rehkitze werden in der Nacht von ihren Müttern aus einem so beunruhigten Schlag herausgeführt. Kann die Suche erst unmittelbar vor dem Mähen stattfinden, werden die Kitze aus der Wiese getragen und solange in einem Karton oder Wäschekorb festgehalten, bis die Mahd beendet ist.

Lässt man sie zu früh wieder laufen, flüchten sie nämlich oft zurück in die Wiese. Die Hunde werden bei der Suche an der langen Leine geführt, damit sie das Jungwild anzeigen, ohne es zu greifen. Auch die Menschen fassen die Kitze nie direkt an. Wenn diese getragen werden müssen, nimmt man sie mithilfe von Grasbüscheln so auf, dass direkter
Kontakt zwischen Mensch und Kitz vermieden wird. Andernfalls könnte es sein, dass die Ricke ihre Kitze nicht mehr annimmt.
Schlimm für Jungtiere ist es, wenn sie von wohlmeinenden, aber nicht sachkundigen Menschen für hilflos und alleingelassen gehalten werden. In den allermeisten Fällen stimmt das nicht. Haben sich Hund und Mensch entfernt, werden die Kleinen in der Regel von den Elterntieren wieder angenommen. Es ist völlig normal, dass die Häsin nur einmal am Tag zu ihren Jungen kommt, um sie zu säugen.

Ebenso normal ist, dass junge Eulen ihr Nest verlassen, bevor sie fliegen können. Sie turnen und flattern dann im Geäst und manchmal auch auf dem Boden herum, werden aber von den Altvögeln weiter gefüttert. All diese Jungtiere sind durch frei laufende Hunde aufs Höchste gefährdet.

Deshalb gehören unsere Hunde in dieser Zeit in Wald und Feld an die Leine. Bestellte landwirtschaftliche Flächen sollten weder vom Zwei- noch vom Vierbeiner betreten werden.
Jetzt ist die Zeit, wo in der Natur neues Leben heranwächst.
Stören wir nicht dabei!

Mit freundlicher Genehmigung von Andreas Clauser