Schilddrüsenunterfunktion und ihre Auswirkungen

Die Schilddrüsenhormone haben im Organismus zahlreiche Funktionen. Sie regen den Stoffwechsel an, fördern Entwicklungs- und Wachstumsvorgänge und steigern den Kohlenhydratumsatz. Des Weiteren beeinflussen sie das vegetative Nervensystem und nehmen so z.B. Einfluss auf die Herzfrequenz. Eine ungenügende Produktion von Schilddrüsenhormonen hat somit weit reichende Konsequenzen. Sie führt zu zahlreichen klinischen Symptomen wie z.B. körperlicher Schwäche und Leistungsabfall, Unfruchtbarkeit, Haarausfall, Kälteintoleranz sowie einer erniedrigten Herzfrequenz. Die Schilddrüsenunterfunktion kommt nicht nur beim Airedale vor, sondern ist – Zitat: „beim Hund die mit Abstand wichtigste Krankheit der Schilddrüse und die dritthäufigste Endokrinopathie des Hundes überhaupt. Die Krankheit entwickelt sich langsam und schleichend, weshalb frühe Symptome häufig übersehen, nicht beachtet oder als Alterserscheinung abgetan werden. Die Diagnose wird daher in vielen Fällen erst gestellt, wenn sich schwere klinische Erscheinungen wie eine allgemeine Schwäche, Haarausfall oder auch neurologische Symptome einstellen.“ (GKF)

Erfahrungsgemäss tritt ein Symptom für eine Schilddrüsenunterfunktion – die haarlosen Stellen beiderseits der Wirbelsäule – zum Ende des Winters auf. Diese wachsen anfangs im Sommer wieder zu. Daraus lässt sich folgern, dass eine gewisse Abhängigkeit von der Lichtzufuhr besteht, die im Winter durch die kurzen Tage wesentlich geringer ist. Frau Dr. von Bardeleben nannte in ihrem im Juni 1993 in DER TERRIER erschienenen Bericht einen Mangel des Wachstumshormons Somatotropin als Grund. Zitat: „Die bilateral symmetrische Alopezie des Hundes wird durch einen Mangel an Wachstumshormon, dem Somatotropin ausgelöst …. Das Somototropin wird in der Hypophyse gebildet. Die Hypophyse, die sog. Hirnanhangdrüse wird in ihrer Aktivität von der Lichtintensität beeinflusst. Das mag einer der Gründe sein, dass die haarlosen Stellen meist im Spätherbst und Winter auftreten und im Frühjahr eine deutliche Tendenz zur Regeneration zeigen.“

Dagegen spielt die Fehlfunktion der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) laut einer aktuellen, von der GKF (Gesellschaft für Kynologische Forschung) geförderten Studie an der medizinischen Tierklinik der LMU München nur eine untergeordnete Rolle als Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion. Der Name der Studie:

Etablierung neuer diagnostischer Verfahren zur Untersuchung der Hypothyreose beim Hund
www.gkf-bonn.de/projekte_aktuell.php

weist schon darauf hin, dass es bis heute Probleme bei der genauen Diagnose der Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) gibt. Die Diagnose beruht bisher neben den klinischen Symptomen auf einer Bestimmung der Konzentrationen der Schilddrüsenhormone T4 und fT4 sowie des Hypophysenhormons cTSH (canines Thyreoidea-stimulierendes Hormon).

Die Interpretation dieser Werte ist jedoch oft problematisch, da diese Werte durch äussere Faktoren beeinflusst werden können. Schwere Allgemeinkrankheiten, Stress, bestimmte Medikamente und evtl. auch die Ernährung können den Schilddrüsenstoffwechsel derart beeinflussen, dass eine Hypothyreose vorgetäuscht wird.

Bei Laboklin findet man des weiteren bei der Befundübermittlung zum „T4- Wert“ den Zusatz: „Cave: Windhunde und gut trainierte Hunde zeigen häufig deutlich niedrigere Konzentrationen“, d.h. der niedrige T4-Wert ist bei diesen Hunden als normal anzusehen!
Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch Hunde, deren T4-Wert noch im unteren Normbereich liegt und die trotzdem Auffälligkeiten zeigen. Bei der Recherche zu diesem Artikel bin ich in „Klinische Pathophysiologie“ von Siegenthaler aus der Humanmedizin auf eine mögliche Erklärung gestoßen:

Zitat: „Die Messung von T4 und T3 gibt nur die Hormonkonzentrationen, d.h. einen statischen Wert an, sagt aber nichts über die Umsatzgeschwindigkeit der extrahyreoidalen Hormone: Da sie bei Hyperthyreose ansteigt und bei Hypothyreose abfällt, könne sowohl die Überfunktion wie auch die Unterfunktion der Schilddrüse u. U. mit normalem T4-Gehalt des Serums einhergehen.“

Zusammenfassend ist zu sagen, dass es Hunde mit T4-Werten im unteren Normbereich gibt, die absolut keine Probleme haben, aber leider auch solche mit Auffälligkeiten.

Der nachfolgende Auszug aus dem Erfahrungsbericht von Frau Silke Störmer soll Ihnen im letzteren Fall als Hilfe dienen.

Abschließend ist zu sagen, dass es leider wohl noch einige Zeit dauern wird, bis eine sichere Diagnostik der Schilddrüsenunterfunktion und deren Ursache zur Verfügung stehen wird. Insbesondere die Klärung von Fällen mit unklarer Symptomatik oder die Diagnose von Frühstadien der Krankheit ist laut Studie der GKF mit den derzeitig zur Verfügung stehenden Untersuchungsverfahren nur sehr unbefriedigend möglich.

Petra Friedl
März 2008

Schilddrüsenunterfunktion und ihre Auswirkungen – Ein interessanter Erfahrungsbericht von Frau Störmer

15.04.2006

Ich wünsche Ihnen allen frohe Ostern und freue mich, hier vor Ihnen einen Erfahrungsbericht über die Schilddrüsenproblematik – nicht nur – aber auch – bei unseren Airedales geben zu können.

Zu meiner Person, nur ganz kurz und stichpunktartig:

Name: Silke Störmer
Alter: 38
Familienstand: Verheiratet, keine Kinder aber zwei Airedales
Hobby: Airedales und Hundesport, vor allem Obedience und Agility und alles was mit Hundeverhalten zu tun hat
Ich bin Ausbilderin in einem DVG-Verein und führe selbst meine Airedales im Obedience und einen davon sowie einen Deutschdrahthaar-Mix im Agility.
Medizinisch besitze ich höchstwahrscheinlich noch nicht einmal ein gesundes „Halb-Wissen“ – deshalb werde ich in diesem Erfahrungsbericht nur ganz wenig auf die medizinischen Aspekte von Schilddrüsenproblemen eingehen. Meine Erfahrungen in diesem Bereich decken sich in vielen Bereichen völlig mit den Darstellungen Frau Dr. Blaschke-Berthold. Ich will schon ganz zu Anfang auf einen Artikel von ihr hinweisen – zu finden auf der Internetseite www.cumcane.de – dort unter „Campus“, dann Bibliothek – Titel: Schilddrüsenprobleme beim Hund.

Für alle weiter Interessierten: Frau Dr. Blaschke-Berthold gibt im Herbst einige Seminare – zu finden unter anderem auch auf der Airedale-KFT-Seite.

Zu Beginn meines Berichtes bitte ich um Ihr Verständnis, dass ich hier keine Zwingernamen nenne werde, es geht mir nicht darum, einzelne Linien ins Gespräch zu bringen, zumal ich fest davon ausgehe, dass die Schilddrüsenproblematik nicht nur einzelne Linien betrifft, sondern weiter verbreitet ist, als man denkt.

Die Schilddrüsenhormone sind für viele Stoffwechselvorgänge mitverantwortlich. Vielen unter Ihnen sind einige Symptome von Schilddrüsenproblemen (in der Mehrzahl beim Hund Schilddrüsenunterfunktionen) bekannt: Gewichtszunahme, Ödeme, kahle Stellen im Fell, Trägheit des Hundes.

Bevor es zu diesen „körperlichen Symptomen“ kommt, können allerdings Verhaltensauffälligkeiten auftreten.

Dazu gehören sowohl Ängstlichkeit als auch Stressanfälligkeit und aggressive Verhaltensweisen.

Stehen diese im Widerspruch zu Sozialisierungsgeschichte des Hundes ist eine Schilddrüsenstörung – meinen Erfahrungen nach – sogar wahrscheinlich.

Viele Verhaltenstherapeuten und Hundetrainer empfehlen inzwischen in diesen Fällen die Überprüfung der Schilddrüsenhormone – leider ist aber noch nicht allzu bekannt, dass auch Werte im unteren Bereich der Norm, schon zu Verhaltensauffälligkeiten beim Hund führen können. So werden viele Hundebesitzer mit dem Befund „SD-Hormone sind in der Norm“, vertröstet und die Probleme gehen weiter. Ich spreche da leider aus eigener Erfahrung.

Leider weiß ich das alles erst jetzt – ich hätte mir und meinen Hunden einiges ersparen können! Soweit der Einstieg, nun aber zu meiner Jule!

Jule wurde im Sommer 2000 geboren, wird also jetzt 6 Jahre alt. Wir konnten den 11er Wurf ab dem 10. Lebenstag bei den Züchtern besuchen und taten das auch reichlich und ausführlich. Zwei der Welpen waren etwas ängstlich, das war aber bis zum Abgabetermin wieder vorbei, Jule gehörte zu den Nichtängstlichen.

Mit 8 Wochen holten wir sie nach Hause. Ein zauberhaftes Hundemädchen. Sie entwickelte sich prächtig. Keinerlei Krankheiten, in der Welpengruppe, die wir besuchten, war sie der Star, wir mussten immer alles vormachen. Wir führten ein umfangreiches Sozialisierungsprogramm durch und auch da hatten wir keinerlei Probleme.

Jule wurde eine äußerst leichtführige, völlig umweltsichere und sozialverträgliche Airedale-Hündin. Unser Traumhund.

Das erste Silvester – kein Problem – Hundeausstellung in den Dortmunder-Westfalenhallen? – Kein Problem. Nur ein Fesselballon hat sie irgendwann auf einem Spaziergang ein wenig verunsichert.

Mit 13 Monaten wurde sie das erste Mal läufig.

Mit 18 Monaten fingen wir mit dem Hundesport an. Jule war ein Clickerhund geworden und geradezu süchtig nach Beschäftigung. Sie lernte schnell, freudig und konzentriert – so lief es auch im Hundesport so toll weiter, wie alles mit ihr lief.

Inzwischen wurde airedale-begeisterten Hundesportlern von Hundesportlern, die Jule kennengelernt hatten, unser Zwinger empfohlen, weil die so tolle Hunde hätten. War ja auch ein toller Hund unser Julchen.

BH – einwandfrei, der Richter war begeistert (ich auch)

  1. Obedience-Turnier – sie kam sah und siegte
  2. Agility-Turnier – unglaublicherweise auch (und das gegen Border Collies, Australien Shepherd’s, also den eigentlichen „Agi-Hunden“)

Nach der 2. Läufigkeit wurde sie scheinschwanger und in dieser Zeit träge, fast depressiv und zeigte erste Ängstlichkeiten. Schnell wurde aus ersten Ängstlichkeiten immer mehr. Jule war inzwischen fast zwei Jahre, Silvester war eine Katastrophe, dann bekam sie Gewitterangst, dann fürchtete sie sich vor einem Flugzeug.

Noch gab es im Alltag Zeiten in denen der Hund völlig normal reagierte, doch dann kamen undefinierbare Ängste dazu. Beim Herausgehen aus dem Haus schaute sie in den Himmel und bekam Angst, aber wovor? Ich konnte mir das nicht erklären. Die „normalen Zeiträume“ wurden immer kürzer.

Ich hatte in diversen Internetforen gestöbert und mehrere Hinweise auf Verhaltensänderungen aufgrund von Schilddrüsenproblemen gelesen.
Ich besuchte mehrere Seminare zum Thema Ängstlichkeit und auch da wurde immer wieder der Hinweis auf hormonell bedingte Angstbereitschaft gegeben.

Also ab zum Tierarzt. Der ließ sich erst einmal lange bitten „So ein Quatsch“ „Der Hund hat keine Schilddrüsenprobleme“ etc. – Blut hat er dann aber trotzdem genommen und mir einige Tage später mitgeteilt: „Sehen Sie, hab ich doch gesagt, die Werte sind normal“. Der T4-Wert von Jule lag Anfang 2003 bei 1,8.

Schade. Das war es dann also nicht. Jule brach immer weiter zusammen – sie war inzwischen zu einem Hund geworden der oft nicht nach draußen wollte, weil sie Angst hatte, dass ihr der Himmel auf den Kopf fallen könne. Im Urlaub war sie nicht in der Lage, mit uns unter einem Sonnenschirm zu sitzen. Ich wollte meinen Hund zurück. Das war nicht mehr meine Jule. Nur auf dem Hundeplatz beim Training war sie noch die Alte.

Da ich diese hormonell bedingte Ängstlichkeit noch nicht aus dem Kopf hatte und auch die nächste Läufigkeit wieder mit einer Scheinschwangerschaft endete entschied ich mich November 2003 für eine Kastration. Gleichzeitig holten wir auch das HD-Röntgen nach. Meine psychisch angeschlagene Hündin hatte leider zusätzlich auch noch einseitig eine HD Grad IV – Gott sei Dank noch völlig beschwerdefrei, aber unsere Agility-Karriere war natürlich sofort beendet.

Die erhoffte Verhaltensänderung konnten wir durch die Kastration auch nicht erzielen. Schade das war es dann auch nicht.
Insgeheim dachte ich manchmal, es könnte eigentlich nur ein Gehirntumor sein.

Nur auf dem heimischen Hundeplatz im Training war sie weiterhin unglaublich gut – allerdings wurden Jules Angstauslöser immer mehr – inzwischen bekam sie Angst vor Flatterbändern, Pavillionen, Grillgerüchen – was ich mitten in einer Obedience-Prüfung feststellte, somit war dann auch unsere Obedience-Karriere 2004 beendet.

Und es wurde noch schlimmer

Innenstadtbesuche – nicht mehr möglich
Silvester – wir mussten sie medikamentös ruhigstellen
Garten – sie gewöhnte sich an zu schnuppern und sich dann in eine Panik hineinzuschnuppern – ohne Möglichkeit, wieder aufhören zu können
In der Wohnung: eine vor Panik schreiende Jule, weil der Backofen oder die Dunstabzugshaube lief
Auf der Terasse steht ein neuer Sonnenschirm, noch geschlossen – es dauert zwei Wochen, bis der Hund wieder dran vorbeilaufen kann
Man kauft eine neue Schutzhülle für den Sonnenschirm in einer anderen Farbe – wieder zwei Wochen Gartenverweigerung.
Frauchen legt eine neue Fußmatte in anderer Farbe vor die Haustüre – da kann der Airedale auf gar keinen Fall drüber …

Es war erschreckend und schlimm und man selbst ist bei diesen Angst-Sachen entsetzlich hilflos.

Ende 2004 brach der Hund auch im Training auf dem heimischen Hundeplatz immer mehr zusammen. Eigentlich war der Punkt erreicht, alles hinzuschmeißen. Ich war kurz davor, Jule unter Psychopharmaka zu setzen, um ihr helfen zu können. Alle Globulis, Bachblüten, Relaxan, DAP, Geräusche-CD’s, Mutmach-Trainings etc. hatten nicht ansatzweise geholfen.

Aus dem Traum-Hund war ein Alptraum für sich selbst und für mich geworden.

Letzte Möglichkeit, so dachte ich, wäre ein Zweithund, der ihr etwas Halt geben könnte.

Schnell stand fest, dass sich mein Mann nur auf einen 2. Airedale einlassen würde. Ich gebe offen zu, dass ich zu diesem Zeitpunkt jeden Basset oder Bernhardiner vorgezogen hätte …

Also machte ich mich wieder auf die Suche nach einem geeigneten Züchter. Zu diesem nervlichen Wrack konnte eigentlich nur ein Hund aus absolut gefestigter Leistungslinie. Mein Mann wollte unbedingt einen Welpen. Ich hatte fürchterlich Sorge, dass der Welpe sich durch Julchen ebenfalls zu einem nervösen ängstlichen Hund entwickeln würde.

Trotzdem fuhr ich 2005 nach Meisdorf zum Airedale-Treffen, da dort die in Frage kommenden Elterntiere ausgestellt wurden. Meine Jule musste ich mitnehmen – ein trauriger Anblick neben den vielen fröhlichen Airedales dort.

Zufällig sprach mich dort Frau Friedl auf Jule an und drängte mich, nochmals die Schilddrüsenwerte bestimmen zu lassen. Oftmals seien die Werte zwar noch im unteren Normbereich, der Hund reagiere aber schon mit Verhaltensauffälligkeiten.

Sie empfahl mir einen Tierarzt, der sich auskennt. Endlich wieder ein Strohhalm!

Richtig glauben konnte ich das nicht

Im Juli 2005 ließ ich wiederum Schilddrüsenwerte bestimmen. Der Wert lag bei 1,8 wie schon 2003. Der Normbereich war zu diesem Zeitpunkt ein Wert zwischen 1,5 und 4,5. Der T3 Wert war unauffällig, TSH ebenfalls und der Antikörpertest negativ. Die neue Tierärztin empfahl aber trotzdem die Eingabe von 500 m Euthyroxin. Der Rest der Geschichte ist kurz: Jule war innerhalb von einer Woche fast die Alte. Ich hatte meinen Hund wieder – und den hatte ich ganz schön vermisst.

Sie ist nicht 100% angstfrei, einiges ist hängengeblieben, auch Silvester 2005 war nicht schön, aber es war auszuhalten, sie hat nicht mehr geschrieen bzw. mit aufgerissenem Maul, speichelnd und zitternd vor mir gestanden.

Im September 2005 hat sie wieder mit Bravour eine Obedience-Prüfung bestanden und die Zuschauer durch ihre motivierte, fast schon übereifrige, schnelle und perfekte Art begeistert – mich auch!

Im Dezember 2005 nochh eine kahle Stelle bei ihr auf. Der T4 Kontrollwert lag dann bei 2,2. Die Dosis Euthyroxin wurde auf 2xtäglich 500 mµ erhöht und auch der Fleck ist wieder weg. Der letzte T4 Kontrollwert lag bei 2,9.

Nun könnte man sagen Ende gut, alles gut, aber da ist ja noch mein Tom.

Eigentlich hätte es ja ein Welpe sein sollen. Ich hatte aber zu viel Angst, dass Jule’s Verhalten auf den Welpen abfärbt, als ich im Internet auf einen zweijährigen Airedale-Rüden stieß, den seine Familie abgeben wollte, weil sie mit ihm überfordert sei, habe ich mich für ihn entschieden. Tom war in einem Alter, in dem er sich von Jules Ängsten nicht anstecken lassen würde. Er durfte drei Wochen bei uns Probewohnen und mit seinen Aggressionsproblemen und Erziehungsfehlern käme ich schon zurecht, dachte ich – Hauptsache, nicht ängstlich!

Als ich Tom übernahm, war er 18 Monate alt, kastriert (mit 11 Monaten) und HD B1 geröntgt.

Er zeigte massivstes Aggressionsverhalten an der Leine gegenüber anderen Hunden. Er hatte mehrmals den Maschendrahtzaun im heimischen Garten zerbissen. Er war wild und stürmisch. Seine Familie kam nicht mehr mit ihm zurecht. In ihrer Not hatten sie ihm inzwischen schon einen Stachel verpasst, aber auch das half nicht – er hatte bald einen Trick raus, den Schmerz zu verhindern …

Sie hatten sich Hilfe von mehreren Hundetrainern erhofft, u.a. dem sehr fernsehpräsenten Rütter. Leider vergeblich. Bevor alles noch schlimmer würde, wollten sie den Hund lieber in hundeerfahrene Hände vermitteln.

Tom war laut Aussage der Züchterin ein sehr ausgeglichener Welpe gewesen – nun war er das Gegenteil.

Tom war bei seiner Familie viel alleine im Garten und führte in sehr eigenständiges Leben. Er bellt viel und ist bei der kleinsten Kleinigkeit auf 180 und geht dabei sehr nach vorne.

Hundebegegnungen mit Tom an der Leine sind eine Tortur: Er hackt in die Leine, schlägt sich diese um die Ohren und kämpft wie wild mit dem Hundeführer. Da hat natürlich der schärfste Stachel keine Chance mehr weh zu tun. Cleverer Hund, dachte ich, aber wie kriege ich das in den Griff? Das waren richtige Totalausraster, die er da zeigte. Gleiches auch mit dem Maschendrahtzaun, den er zerpflückt, sobald ein Hund am Grundstück vorbeigeht. Nun gut. Aber wenigstens hat er keine Angst!

Ohne Leine verlaufen Hundekontakte mit ihm erstaunlicher Weise zwar sehr direkt und steif aber dennoch friedlich.

Sobald man im häuslichen Bereich etwas mit ihm schimpft, liegt er auf dem Rücken und ergibt sich (leider nicht, wenn er sich gerade wegen eines anderen Hundes an der Leine abreagiert, da funktioniert das nicht).

Da hatte ich meiner Meinung nach gegen einen Berg von erlernten Fehlverhaltens-weisen anzukämpfen und das tat ich frohen Mutes, pädagogisch wertvoll und völlig ergebnislos.

Der Grundgehorsam wurde immer besser, aber die Ausraster blieben. Manchmal war es halt auch nur ein Baumstumpf der ausreichte, ihn auf die Palme zu bringen. Oder manchmal auch gar kein Anlass …

Nahm ich als Spaßbremse die Kettenleine, hackte er alternativ in die Jacke und zerriss die. Je mehr man schimpfte oder versuchte einzuwirken, desto schlimmer wurde es.

Ich arbeitete zusammen mit einer befreundeten Hundetrainerin, die mir empfahl, auch bei ihm die Schilddrüsenwerte testen zu lassen.

Ich war sehr skeptisch.

Tatsächlich lag Toms T4 Wert bei 1,3 – also noch niedriger als bei Jule. Interessanter Weise sind seit diesem Jahr die Normwerte herabgesetzt worden „Normal“ ist nun ein Wert zwischen 1,3 bis 4,5 (nicht mehr 1,5 wie vorher). Dabei stellt sich die Frage, wer stellt diese Normwerte nach welchen Kritierien eigentlich fest?

Nach dem ersten Kontrolltermin lag der T4 Wert dann bei 2,3, eine Verhaltensänderung konnte ich allerdings noch nicht beobachten.

Die TA riet, noch weitere 2-3 Monate zu behandeln, einige Hunde bräuchten bis zur Umstellung länger.

Anfang März hatten wir dann endlich eine Veränderung. Seitdem hat es noch eine zerrissene Jacke gegeben aber keinerlei Leinenkämpfe mehr. Der Zaun ist heile geblieben.

Natürlich haben wir weiter mit ihm trainiert. Einiges wird sich aufgrund des Trainings verbessert haben – aber dass er überhaupt wieder trainierbar war verdanken wir eindeutig dem nun für ihn günstigeren Hormonspiegel.

Er ist alles in allem viel entspannter und geht nicht mehr steif und aufgebracht mit uns spazieren. Er regt sich bei weitem nicht mehr so schnell auf. Vieles ist erlerntes Verhalten bei ihm. Es stellt sich bloß die Frage, ob er diese Verhaltensweisen hätte erlernt, wenn sein Schilddrüsenhormonspiegel in Ordnung gewesen wäre – ich glaube nicht!

Frau Dr. Blaschke-Berthold schreibt, dass diejenigen Hunde ein trauriges Kapitel sind, die wegen aggressiven Verhalten, ohne dass sie ausreichend untersucht wurden in Schwierigkeiten in ihrer Familie kommen. Besonders betroffen seien Hunde im Alter von 12 bis 18 Monaten. Wie recht sie hat!

Und Tom und Jule sind keine Ausnahmen.

Innerhalb des letzten ¾ Jahres sind mir viele Hunde mit Schilddrüsenproblemen untergekommen. Gerade auch Airedales.

Da wäre z.B. der Max, geboren September 2002:

Max ist Jules Halbbruder (gleiche Mutter). Max Welpen und Junghundezeit verlief unauffällig. Mit ca. 18 Monaten fingen die Probleme an.

Er ist unruhig – „Zappelphilipp“ wäre eine treffende Beschreibung.

Er schäumt vor Wut schnell über, dabei rupft er Lebensbäume im heimischen Garten. Oder beißt Stücke aus dem Türrahmen.

Auf einem Spaziergang kommt ihm ein Hund entgegen, er beißt in die Parkbank und hackt ein Stück heraus.

Im April 2005 hat er einen Nickhautvorfall, ein sogenanntes „Horner-Syndrom“, das laut TA durchaus im Zusammenhang mit der bei ihm im Juli 2005 festgestellten Schilddrüsenunterfunktion stehen kann.

Max hat den niedrigsten T4 Wert der Hunde, von denen ich weiß, dass sie eine Schilddrüsenstörung haben: Sein T4 liegt bei 0,5 – (Norm: 1,3-4,5).

Nach Schilddrüsenhormongabe, die langsam gesteigert wurde, ist er inzwischen bei einem Wert von 2,5. Der Antikörpertest war negativ.

Die ersten Veränderungen traten bei ihm nach 2 Wochen ein.

Inzwischen ist er viel ruhiger geworden, die Ausraster sind weniger, aber noch nicht weg. Die Hundebesitzerin ist der Meinung, er sei nun endlich wieder ansprechbar und damit wäre auch endlich wieder ein Abbruch möglich.

Max ist jetzt nach einer Belastung auch mal müde und fordert eine Pause.

Das Aggressionsverhalten gegenüber Hunden ist Normalbereich, hauptsächlich an der Leine bzw. territorial bedingt.

Er ist weniger gestresst und er hat eine positivere Grundstimmung – trotzdem ist er immer noch schneller gestresst als andere Hunde.

Dann kenne ich da noch die Evita. Evita ist Jules Schwester und wir hatten sie zufällig getroffen. Mir fiel eine kahle Stelle bei ihr auf. Evitas Besitzern teilte mir mit, sie sei schilddrüsenkrank. Es war leider ein kurzes Treffen, ich weiß nicht, ob bei Evita Verhaltensauffälligkeiten vorlagen …

Zufälligerweise besitzt unsere Tierärztin ebenfalls eine Airedale-Hündin – ebenfalls schilddrüsenkrank.

Forscht man etwas im Internet, z.B. auf der Airedale-Kft-Seite, findet man dort einen Bericht über Josie – geboren Sommer 2004. Josie hatte Läufigkeitsprobleme (unterbrochene Läufigkeit), war träge, ängstlich und ging in ihrer Angst nach vorne, hat selbst den Besitzer gebissen. Unter Hormongabe veränderte sich das Verhalten.
Josie gehört ebenfalls zu Jules „entfernter Verwandschaft“.

Und es sind nicht nur die Airedales-

In meinem Verein gibt es einen Australien-Shepherd, der mit 12 Monaten von seinen Vorbesitzern abgegeben wurde. Otto wurde Mai 2003 geboren.

Er wurde schnell immer auffälliger. Aggressionsverhalten gegenüber Autos, Fahrrädern, Hunden, Menschen. Insgesamt ein erhöhter Schutztrieb, ein nicht belastbarer Hund. Im häuslichen Bereich hat er einem Besucher ins Gesicht gebissen, extremer Jagdtrieb usw. usw.

– Sie ahnen es: Der erste Test erfolgte im September 2005, der T4-Wert lag bei 1,7. Nach Schilddrüsenhormongabe verbesserte sich das Verhalten nach 1-2 Wochen. Nach weiteren 4 Wochen waren alle Problematiken trainierbar (die Besitzerin ist eine begnadete Trainerin und sowas von fleißig, Hut ab!).
Dann verschlechterten sich das Verhalten plötzlich wieder – die Werte waren wieder gesunken, der T3 Wert sogar nicht mehr messbar. Inzwischen sind die beiden wieder glücklich miteinander. Die Hormongabe wurde erhöht, das Verhalten wieder „normaler“.

Dann haben wir da noch die Raven, ein belgischer Schäferhund. Sie wird im Mai 2 Jahre alt. Ein unsicherer und ängstlicher Hund. Als Welpe war sie super sicher. Nach der ersten Läufigkeit wurden ihre Verhaltensauffälligkeiten massiv. Zusätzlich zeigt sie verstärkt körperliche Merkmale: Kahle Stellen, Durchfallprobleme, viel zu dünn.

Auch da: ein noch normaler aber niedriger Schilddrüsenhormonwert. Ihre Besitzerin beschreibt das Verhalten nach Gabe von Schilddrüsenhormonen: „Sie ist schon nach 3 Tagen deutlich souveräner als bisher“.

Alle diese Hunde belegen Tatsachen, die viel bekannter werden müssen:

Eine Schilddrüsenunterfunktion kann Verhaltensauffälligkeiten bei Hunden hervorbringen.

Bei Verhaltensänderungen, die im Widerspruch zur Sozialisierungsgeschichte stehen, sollte unbedingt ein SD-Test durchgeführt werden.

Ein Wert im unteren Drittel des Normbereiches sollte mit Schilddrüsenhormonen behandelt werden.

Frau Dr. Blaschke-Berthold empfiehlt einen SD-Test weiterhin,

wenn Unregelmäßigkeiten in der Läufigkeit (z.B. große Abstände und stille Läufigkeiten) vorkommen,
bei erhöhter Infektanfälligkeit
bei evtl. epileptiformen Anfällen

Hormonmangelerscheinungen seien bei Hunden inzwischen weit verbreitet, sie empfiehlt jeden Hund einmal jährlich auf SD-Hormone checken zu lassen (Hündinnen nur zwischen den Läufigkeiten, da die Geschlechtshormone Auswirkung auf die Schilddrüse haben.

Auf jeden Fall getestet werden sollte, wenn

Hunde plötzlich ängstlich werden
Hunde aggressiver werden
Die erste Läufigkeit lange auf sich warten lässt
Ohrenentzündungen jeder Behandlung trotzen
Herzrhytmusstörungen festgestellt werden
Wenn züchterischer Einsatz geplant ist.

Da sind Sie, liebe Airedale-Züchter schon das erste Mal gefragt!

Ich habe Ihnen einige AT’s beschrieben, die unter Schilddrüsenproblemen leiden.

Solche Hunde entsprechen so gar nicht dem Bild unserer Airedales, dem Sie sich als Züchter verpflichtet haben. Jule war kein „König der Terrier“ mehr und Tom ist es auch nicht, Max fühlt sich vielleicht wie einer, wenn er Stücke aus der Parkbank reißt –

Die Schilddrüsenproblematik hat Jule mehr beeinträchtigt als ihre HD. Tom hätte vielleicht in seiner Familie bleiben können, Max hatte Glück, dass er solch verständnisvolle Besitzer hat.

Nehmen Sie die Schilddrüsenproblematik ernst.

Testen Sie Ihre Zuchthunde! Viele von Ihnen verpflichten ihre Welpenkäufer, die Hunde HD-Röntgen zu lassen. Warum nicht auch eine Verpflichtung mit 12-18 Monaten einen SD-Test machen zu lassen? Ich denke, wir benötigen Informationen über die Häufigkeit dieser Erkrankung. Die Anzahl von Fällen, die mir, ohne viele Kontakte zu haben, untergekommen ist, weist darauf hin, dass die Airedales da eine Schwachstelle haben.

Informieren Sie sich, versuchen Sie herauszufinden, wie man das Problem eindämmen kann. Es ist nicht nur ein Schönheitsfehler!

Helfen Sie den Hundebesitzern, die mit Problemen ja doch oft zum Züchter kommen und Ratschläge haben möchten, indem Sie auf die Schilddrüsenproblematik hinweisen. Und denken Sie daran, auch Werte im Normbereich können durchaus „nicht normal sein“.

Schlussendlich – Sie züchten einen Gebrauchshund. Meine Gebrauchshunde zu Hause waren krankheitsbedingt zu nichts zu gebrauchen. Sie waren weder für den Sport, noch als Familienhund geeignet. Züchten Sie bitte nicht einfach weiter und nehmen in Kauf, dass solche Hunde dabei herauskommen. Das ist nicht fair – weder gegenüber den Hunden noch gegenüber den Welpenkäufern. Behalten Sie die Sache im Auge und die AT’s im Herzen!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Silke Störmer

Liebe Airedalefreunde,

anläßlich des Berichtes von Frau Störmer bitte ich alle Airedale Besitzer, mir Kopien der Schilddrüsenergebnisse ihrer Airedales zu senden – mit oder ohne Namensnennung. Wenn wir nicht damit beginnen, Daten zu erfassen, werden wir nichts ändern. Darum meine dringende Bitte, uns in dieser Angelegenheit zu unterstützen.

Ich danke Ihnen im Voraus mit freundlichen Terriergrüßen

Petra Friedl

An der Dorfeiche 36, 59071 Hamm,
Tel. 02381 / 98 32 22 (Montag bis Samstag 08.00 bis 21.00 Uhr), Fax: 02381 / 98 32 23